Montag, 2. November 2009

Aus dem Archiv: DER GEHEIMNISUMWITTERTE CRXS

Es gibt ihn wirklich...

In der Märzausgabe berichtete Lizette, daß sich unsere Religionswissenschaftlerin E. Plemp in Papua-Neuguinea auf einer Expedition zur Erforschung des geheimnisumwitterten Crxs befände. Vor kurzem ist sie zurückgekehrt und legte der Redaktion folgendes zum Teil unfaßbares Material vor:

... Nach einem Marsch von etwa zwei Wochen durch die Urwälder am Fuße des Mount Wilhelm gelangten wir in eine von Schlingpflanzen überwucherte ziemlich verfallene Tempelanlage, die wir der Zeit der frühen Namie zuordneten, also etwa aus dem 5. Jhdt.a.D. Dort schlugen wir unser Lager auf. Ryan, unser Führer, warnte uns, hier nicht zu verweilen. Er war überzeugt, daß in den Ruinen ein böser Geist wohne, der Menschen fresse. Ich war mir aber sicher, daß damit höchstwahrscheinlich Crxs gemeint war und so blieben wir, worauf sich Ryan besoff.


Ich konnte schlecht schlafen. Das feucht-warme Klima setzte mir zu und Ryan tanzte, seltsame Reime lallend, ums Lagerfeuer herum. Ich starrte auf Ryan und sann, ob ich ihn erschießen sollte oder ob sich in unserer Ausrüstung irgendetwas vorfände, das sich als Oropax eignete.


Plötzlich vernahm ich ein donnerndes Brüllen, das mir durch Mark und Bein ging. Bäume und Büsche teilten sich mit lautem Knacken und Krächzen. Da war er mitten im Lager – Crxs.


Er sah genau so aus, wie auf der Zeichnung, die ich aus dem Buch von Sir Oliviére Laurelstone kannte, einem Wildbiologen aus dem vorigen Jahrhundert, der gegen Ende des 19. Jhdt´s. nach einem Aufenthalt in Papua-Neuguinea behauptet hatte, daß Einheimische von einem Monster berichteten, das einmal im Jahr aus dem Urwald käme, um sich einen Menschen zu holen. Da es schon oft das ganze Dorf bei der Suche nach einer geeigneten Person verwüstet hätte, wäre man übereingekommen, ihm in jener Nacht, jeweils den 15. März, ein Opfer zu präsentieren. Die Geopferten wären auf ewig verschwunden geblieben, was darauf hindeutete, daß er sie fräße. Aufgrund der Beschreibungen zeichnete Sir Oliviére Laurelston damals den Crxs, wie ihn die Eingeborenen nannten.




Crxs greift
das
Lager an ...











Leider gibt es jenes Dorf heute nicht mehr. Wir wußten lediglich, daß es sich hier irgendwo am Fuße des Mount Wilhelm befunden haben mußte. Damit war uns die Suche nach Crxs erschwert, weil wir nicht einfach am 15. März auf sein Erscheinen warten konnten.


In einem Reflex griff ich nach meiner Kamera und blitzte. Diese Aufnahme (s.o.) brachte mich in allerhöchste Lebensgefahr. Durch das grelle Licht irritiert stürzte sich Crxs brüllend und tobend auf mich. Ryan rettete mein Leben. Er stellte dem Monster geistesgegenwärtig ein Bein und bewarf ihn wie wild mit brennenden Holzscheiten. Beide, Ryan und Crxs, schrien und kreischten ohrenbetäubend. Ich flüchtete in der Zwischenzeit hinter einen dunklen Strauch und beobachtete. Es gelang Ryan tatsächlich, den Crxs in die Flucht zu schlagen. Vermutlich war dieser mit so einem Verhalten nicht vertraut und bekam es mit der Angst zu tun. Crxs stobte mit ebensolchem Geknacke, unter dem er gekommen war – das schnell leiser wurde und bald verschwand – hinaus in den Wald.

Ryan schoß immer noch Fackeln und schrie. Keiner von uns konnte diese Nacht noch schlafen. So saßen wir fassungslos und ohne ein Wort zu sprechen in der Mitte des Lagers zusammen. Wir bemühten uns, ein möglichst hohes Feuer zu nähren. Ryan war in Ohnmacht gefallen.


Crxs ist ein etwa sechs Meter großes affenähnliches, vermutlich höchst intelligentes, Wesen. Anzunehmen ist, daß es sich um jenen Crxs handelte, von dem auch schon vor hundert Jahren berichtet wurde. Damit hätten wir es hier mit einer Spezies zu tun, deren Lebenserwartung außergewöhnlich ist. Vielleicht ist er aber ein Nachfahre des damaligen Crxs. Dies bedeutete allerdings, daß es eine Crxs-Familie gibt. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist Crxs ein naher Verwandter des norwegischen Trolls. Vor allem die körperliche Ähnlichkeit ist auffallend. Ließen sich hierfür weitere Beweise erbringen, müßte man wohl die Geschichtsschreibung dahingehend ergänzen, daß die Wikinger Papua-Neuguinea entdeckt haben ...


Im Mai 1998 wird E. Plemp wieder nach Papua-Neuguinea reisen. Versehen mit geeigneterer Ausrüstung, Hochleistungsflammenwerfern und Feuerwehrsirenen, wird dann versucht, die Familiensituation von Crxs zu klären. Ebenso stellt sich die Frage, was er am liebsten frißt, weil er dabei nicht beobachtet werden konnte. Wir wissen nun, daß es den Crxs tatsächlich gibt, seine Person bleibt uns aber vorerst weiterhin geheimnisumwittert.


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